Gestern, als ich mit meinem Freund telefonierte, habe ich ziemlich groß herumgetönt. Ich habe ihm erzählt, dass ich endlich einen Weg gefunden habe beinahe alle meine Geräte über den Solarstrom zu laden. Dass es mir, genaugenommen, hier an nichts fehlt und bloß das langsame Internet etwas nervt.

Tag 3

Heute. An einem Morgen, an welchem mir eine wirklich essenzielle Sache fehlt, frage ich mich, wieso ich das Schicksal immer so herausfordern muss. Ich und das Schicksal sind alte Bekannte. Wir spielen unser Spiel schon seit Jahren. Da ich die Regeln also genau kenne, hätte ich wissen müssen, dass ich den Tag nicht vor dem Abend loben darf. Oder in diesem Fall: Den Morgen nicht vor dem Schlafengehen.

Ich krabbele aus meiner Holzkoje, schleppe mich in das winzige Badezimmer und will mir ne ordentliche Ladung Wasser ins Gesicht spritzen. Vor dem Kaffee ist das Maßnahme Nummer eins, um wach zu werden. Jedoch geschieht ja mal rein gar nichts, als ich am Wasserhahn drehe.

Nichts.

Na gut. Nicht nichts. Es rumpelt und gurgelt ein wenig. Aber das Becken bleibt trocken.

Was ist da los? Irgendwie meine ich, ein ähnliches Erlebnis von meiner letztjährigen Reise in Erinnerung zu haben. War das nicht schon einmal so? Ich bin definitiv zu müde, um mich jetzt genau zu erinnern. Ich wanke in die Küche, teste den Hahn. Nichts.

Ein Blick auf die Wetter-App zeigt, dass es heute fast 30°C werden sollen. Das Schicksal macht geschickte Züge in dieser Runde. Gestern habe ich mich noch beschwert, dass es zu kalt ist. Jetzt bekomme ich Endzeit-Dürre ohne einen Tropfen Wasser.

Ich wandere zum Haupthahn, der sich weiter hinten auf dem Grundstück befindet. Meine Füße bekommen dabei genug vom feuchten Element ab, denn der Tau hängt noch an den Grashalmen. Eigentlich ganz nett. Ich stelle das Wasser an und ab. Dann teste ich das Außenwaschbecken. Ihr könnt euch sicher denken, was passiert? Richtig …

Plötzlich bereue ich es, nicht wie die Leute bei Walking Dead oder Lost, Plastikwannen aufgestellt zu haben, um über Nacht Wasser aufzufangen. Ich verfluche mich, dass ich morgens dusche und nicht abends. Ich verfluche mich, weil ich gestern beim Blumengießen nicht einen Tropfen in der Gießkanne gelassen habe. Ich ärgere, ärgere, ärgere mich, denn mal ehrlich … sich nicht das Gesicht waschen zu können ist eine Sache, aber keinen Kaffee aufsetzen zu können kommt dem Ende der Welt gleich. DAS ist mal ne Apokalypse! Darüber sollte ich ein Buch schreiben!

Ich inspiziere die Küche und stoße schnell auf einen Rest Mineralwasser in einer uralt aussehenden Plastikflasche. Könnte gerade so reichen.

Während der Kaffee kocht, nestele ich immer wieder zaghaft am Wasserhahn. Die Situation bleibt unverändert. Ich beschließe, mich noch nicht geschlagen zu geben. Das Schicksal wurde noch nicht zum Sieger erklärt. Ein paar Züge habe ich noch, bevor ich mit wehenden Fahnen untergehe.

Draußen setze ich mich an den Tisch und natürlich rührt sich das Internet nicht ein Stück. Zum Glück brauche ich zum Bloggen kein Netz, also schreibe ich erst einmal munter drauf los. Und dann, gerade als ich all meine Utensilien, Kaffeekanne, Bluetooth-Box, Handy, Tablet, Tischdecke, eben alles schön drappiert habe – fängt es an zu regnen!

 

Am liebsten würde ich gen Himmel brüllen: Okay!! Du hast gewonnen, du mieses Stück!

Man kann über das Schicksal sagen, was man will, aber sein Hang zur Ironie ist bewunderswert. Die Temperatur sinkt um gefühlte fünf Grad und ich bekomme nutzloses Wasser in Form von dicken Tropfen. Ich muss an mein neues Buch „Another Day in Paradise“ denken. Dort gibt es einen zentralen Satz, der immer wieder eine Rolle spielt.

Ein neuer Tag im Paradies … Jep! So isses.

Und dann – zwanzig Minuten, bevor meine Eltern zum Arbeitsdienst erscheinen wollten – die Erlösung! Ich mache gerade mein Bett, denn man will, trotz der heiklen Situation, noch einen Rest zivilisierten Verhaltens an den Tag legen, da rumpelt es in den Leitungen.

Ich hätte nie gedacht, dass ich mich einmal so freuen würde, wenn der Klokasten Wasser zieht!

Die Sache ist ausgestanden. Ich werfe alle Klamotten von mir und flitze hinter die Hecke. Die beste Dusche meines Lebens. Besser noch, als gestern. Danach fahre ich alle Geschütze auf. Tonnenweise Bodylotion, doppelt und dreifach Zähneputzen und ich schminke mich sogar ein wenig. Das tue ich hier sonst nie.

Der Tag ist gerettet!

Oh nein … das hätte ich vielleicht lieber nicht sagen sollen. Was, wenn das Schicksal diesen Ausruf als Gong zur zweiten Runde nimmt???

Gestern habe ich meine müden Knochen übrigens mal wieder auf die Weiden geschleppt. Mit dem Weidengang verhält es sich genau wie mit dem Duschen im Gebüsch. Erst hat man keine Lust und ist zu faul und dann macht es richtig Spaß und tut gut. Ich gehe immer die – wie wir sie nennen – große Runde. Das ist ein Quadrat von ca fünf mal fünf Weiden. Von Pony, über Mais bis hin zur Kuh ist alles dabei. Ich habe auch darauf verzichtet Musik mitzunehmen. Nur ich, meine wirren Gedanken und das Knirschen der Schritte auf dem Kies. War schön 😀 Sollte ich heute wieder machen!

 

Das Wetter verändert sich plötzlich rapide. Gegen Mittag hocken wir alle um den runden Tisch und gehen träge ein. Es gibt einen Kuchen und wir planen Großmutter Newmans Geburtstag. Wer hätte gedacht, dass es einem so viel abverlangt, sich zwischen beigefarbenen und weißen Servietten zu entscheiden? Sollte man auf jeden Fall nicht unterschätzen.

Etwas später, als alle wieder weg sind, bereite ich mir eine Portion Bavette mit Pesto, Oliven und gerösteten Pinienkernen zu. Danach rolle ich mich in Richtung der Felder. Da mein LTE offenbar nur zwischen den Weiden richtig stabil ist, schaue ich unterwegs Tobys neues Video an. Ihn werde ich nächste Woche treffen. Darauf freue ich mich schon sehr. Gut möglich, dass wir uns danach erst auf dem Messe in Frankfurt wiedersehen und das ist echt noch lang hin.

 

Aus Bremen erreichen mich gute Neuhigkeiten. Mein #wirsindbooktube Shirt wurde endlich geliefert. Das ist cool. Nur die letzten beiden Testexemplare meiner Taschen- und Hardcoverbücher lassen weiter auf sich warten. Grrrr …

Nach dem Walk über die Wiesen will ich gerade noch etwas aus dem Schuppen holen, da kreuzt ein Frosch meinen Weg. Da ich die Kamera ausnahmsweise mal zum passenden Zeitpunkt laufen habe, schnappe ich mir den verkappten Prinzen und ringe ihm ein Lächeln für die Linse ab. Wahnsinns Action Aufnahmen!

Danach mixe ich mir einen perversen aber durchaus schmackhaften Drink aus Merlot und Aroniasaft. Gar nicht schlecht. Und dann liege ich beinahe eine halbe Stunde auf der Lauer, um die Maus vor die Kamera zu bekommen. Doch die ist nicht so willig wie Kermit. Beziehungsweise ich bin einfach zu wenig Ninja und zu sehr Dampfwalze, um mich anzupirschen.

Tja, und morgen geht es schon wieder zurück an die Front. Die Zusammenfassende Meldung gehört verschickt, dann war da noch irgendein Interview, für das ich mich erst Mal mit Skype beschäftigen muss und – verdammt noch mal! – ich will endlich dieses Coherent Hardcover auf den Weg bringen 😀 Jedenfalls sage ich für eine Woche Goodbye zur Natur und begebe mich wieder nach Bremen und Hamburg. Aber ich komme wieder!

 

Wir sehen uns dann,